Freitag, 10. August 2012

Und ich dachte, der Silbersee ist der Stausee in der Dresdner Heide.

Bin immer noch durch den Wind und reif für die Dusche. Alles bringt mich so schnell aus der Ruhe, auch Ninas Anruf, in dem sie mir knapp mitteilt, dass ich damit leben muss, nicht zu wissen, wie es ihr geht, und dass ich annehmen soll, dass es ihr dann gut gehe. Sie fehlt mir so. Ich sei ihr in Indien zu nah gewesen. Deshalb habe sie dort schlecht Fuß fassen können. Die Anrufe seien stundenlang gewesen. Mir erschienen sie viel zu kurz. Liebe ist schon kompliziert. Mich lässt sie anderen schnell lästig werden. Duschen, Zähne putzen und dann gibt es Mango, Brombeeren und Jogurth. Das Sambal Oelek lasse ich heute früh vorsichtshalber weg. An Joggen habe ich zumindest gedacht. Am Wochenende.

Dann tippe ich auch Anjas Interview ab. Das geht allerdings am besten, wenn es wie ein YouTube-Video formatiert ist, so dass ich stoppen und Sekunden zurückspulen kann.

Ich bin so froh, dass der Po-Text schon fertig ist.

Bleiben die Promi-Events, zu denen ich noch gar keine Idee habe, und die Dresdner Partys. Google findet da auch nix. Muss ich in die Vorschau des letzten Heftes schauen, irgendwo im Zeitschriftenregal, am besten nebenan im Konsum.
Anja will einen Artikel zum Po. Er scheint schon fertig zu sein. Marwan Nuwayhid hat mir angeboten, dass ich für ihn schreiben darf. Bin aufgeregt. Total aufgeregt. Dazu will er sogar nach Dresden kommen. Schade, dass der Groke so weit weg ist. Sein Lachen während der Arbeit hören zu können, wäre schon toll. Aber eine Arbeit ohne Auto ist mir wichtiger. Ich finden nicht mal mehr die SWR3Stellenanzeige. Wer weiß, wofür das gut ist. Es ist vielleicht ein Zeichen dafür, dass ich die Stelle überhaupt nicht antreten will und mich gegen eine Ortsveränderung mit so vagem Ausgang sträube. Ich weiß noch wie heute, wie ich dort in einer Schmerzklinik stand und mir der Chef sagte: "Sozialhilfe können Sie auch daheim beantragen." Es ist Wahnsinn, hier weg zu wollen. Hier habe ich wenigstens ein Netzwerk. Aber vielleicht interessieren sich Tim oder Franz für ein Praktikum in der Pampa.
Raum, hab erst an Flucht gedacht.

Beharrlichkeit im Verkauf, grusel. Und das, wo ich mich so schnell als störend erlebe. Außerdem bedeutet das Autobahn. Da habe ich schon Schiss, wenn ich daheim auf der Couch Verkehrsmeldungen höre, erst recht, wenn ich das "Lenkspiel" in meinen Ellbogen erlebe, sobald ich aufgeregt bin. Dagegen fährt jeder Trabi spurgenau. Gibt es eigentlich einen zentralen Tremor oder ist das dann schon Epilepsie? Nein, Außendienst geht genausowenig wie Typisierungsaktionen außerhalb von Dresden. Nix Autobahn. Nicht mal als Beifahrer, da sterbe ich tausend Tode. Ich bin auch noch nie Achterbahn gefahren. Eher steige ich in ein Flugzeug, wenn man von meiner Permanent-Panik im Terminal absieht. Ich bräuchte einen Navigator, der mir immer sämtliche Freiheitsgrade signalisiert, um nicht ständig am Klo vor dem Gate hängenzubleiben, aus Sorge, im Flieger Schlange stehen zu müssen. Nein, Außendienst ist nix für mich. Puh, als Land- oder Notarzt müsste ich auch Auto fahren. Aber das ist sowieso noch lange hin. Erst mal das nächste Gutachten abwarten.

Catrin hat sich gemeldet. Am liebsten hätte ich sie gefragt, ob sie in den letzten Jahren wieder mal ihr Haus verlassen hat. Ihr Verleger behauptete, sie würde nie rausgehen. Dabei scheint sie zumindest zum Friseur zu gehen, wenn ich ihre Fotos sehe.

Das Lenkspiel ist schon beunruhigend, grad auf der Überholspur. Vielleicht lag es auch an meinem AX Diesel. Vielleicht mache ich mit Andreas ein paar Fahrstunden, versprochen hatte ich es Karin. Aber als ich ihr angeboten hatte, beim Nachtlauf mitzumachen, hat sie abgelehnt. So dringend scheint es also nicht zu sein. Wenn man es genau nimmt, ist auch Straßenbahnfahren nichts für mich. Die vier Loperamid vom Dienstag machen mir heute noch zu schaffen, nur für zwanzig Minuten Straßenbahn. Es ist alles so kompliziert. Am sichersten fühle ich mich auf der Couch und selbst da habe ich im vierten Stock manchmal Höhenangst. Eigentlich bin ich ganz froh, dass Nina und Tim noch keine Fahrerlaubnis haben. 50.000 Autos fahren demnächst zwischen Knochenmarkspende und besagtem Flurstück. Die Zeit rast. Vielleicht kann man als Landarzt auch ohne Hausbesuche arbeiten. Telemedizin oder so. Allerdings fühle ich mich schon schwerstkrank, sobald ich medizinjournalistisch arbeite, bleiern schwer bei Auslassungen zum Eisenmangel und von Kopfschmerzen gepeinigt beim Schreiben über Migräne. Es ist alles so ausweglos. Arzt zu sein ist nix für mich, Außendienst auch nicht. Urlaub, Reisejournalismus im Zehn-Kilometer-Umkreis vielleicht. Das geht sogar mit Rad. Und mit Abstand am angenehmsten sind Telefoninterviews von der heimischen Couch aus. Überschaubar und knapp, wenn man von dem Telefonat mit Nina Hagen absieht, bei dem mir erst nach 50 Minuten auffiel, dass ich das alles abtippen muss, zumal es um mein Lieblingsthema ging: Wie erreiche ich UW Groke. Ninas Lösung war allerdings denkbar blöd: Ich soll beten, im Gebet sei alles möglich. Letzte Woche hat sie sich gemeldet, zwar nur mit einem Like, aber immerhin. Wenn es nur von mir abhängen würde und finanziell alles machbar wäre, würde ich wieder am Waldrand in der Jugendstilvilla wohnen, in der ich zwanzig Jahre verbracht habe, in der zweiten Reihe zum öffentlichen Weg, fern von jedem zufälligen Klingeln an der Tür, mit einem Riesengarten und ewiger Sonne. Eigentlich war das eine glückliche Zeit. Für Nina und Tim war das zu einsam. Aber die Beiden sehe ich auch so kaum. Nein, der Lärm auf meinem jetzigen Hinterhof ist schon gut, auch das Hallo im Konsum. Vielleicht setze ich mich irgendwann mit Sebastian, meinem Nachbarn, zu einem Glas Tee zusammen und ratsche über einen Partner für den Schrebergarten. Ein bisschen Wildnis täte mir gut. Es müssen ja nicht gleich Birken sein.

Donnerstag, 9. August 2012

Hab 178 Gramm Sülze bei Rainer Richter gekauft. Die war schon portioniert, wie für mich gemacht. Je mehr ich kaufe, umso mehr esse ich. Je mehr ich esse, umso unzufriedener werde ich. Je unzufriedener ich werde, umso mehr esse ich. Sülze macht süchtig. Ich habe sogar die Telefonnummer auf der Rechnung. Immerhin machen sie ab 14. August Urlaub. Ich brauche also gar nicht bewusst dran vorbeizugehen, denn es ist sowieso zu. Sülze ist schon was Tolles. Daneben sind die beiden Vietnamesen, bei denen ich mein Obst und Gemüse kaufe, wenn ich aus der Bahn steige. "Man könnte auch sagen Zucchini", sagt Matuschke grad. Komisch. Ich hatte dort heute Zucchini gekauft. Zucchini, Melone, Mango und Brombeeren. Morgen früh feiere ich das beginnende Wochenende. Vielleicht sogar mit Sambal Oelek.
Hochsommer. Allmählich lässt die Hitze nach.



Hab Christiane von Ben erzählt. Karin ulkte gleich: "Ist das niemand für Sie?" Morgen tausche ich auf Arbeit die Groke- gegen die Ben-Tasse aus. Vielleicht mag Christiane Ben wirklich, wenn sie sein Foto und die SMS sieht. Und ich habe die Groke-Tasse dann wieder daheim und konzentriere mich auf Arbeit besser.
Die 3-in-1-Allwetterjacke ist in zwei Größen zu mir unterwegs.

Mittwoch, 8. August 2012

Such a sweet September!
Yuhuu, Nina geht es gut. Hab sie heute gesprochen.
Da wollte ich 1988 hin. Deshalb hatte ich mich damals beworben, landete aber im OP. Dumm gelaufen. Holger Thomsen war damals anästhesiologischer Oberarzt auf der Wachstation und betreute meine Diplomarbeit, Diettrich der von chirurgischer Seite.
Sebastian scheint es nach Norden zu ziehen.
Selbstversuch: Ich mute meinem gepeinigten Leib Roggenbrot vom Blasewitzer Wochenmarkt und Mcneps Meersalzbutter zu. Artischocken, Oliven und Peperoni wären jetzt nett. Hab aber nur noch eine Handynummer (01778058064) auf der Rechnung und keinen Link, um zu sehen, ob "Oliven & Delikatessen Käsespezialitäten I. Muster" morgen wieder auf dem Wochenmarkt sein wird. "07-08-2012 14:28 Gerät 01" steht auf der Quittung.
Aber davon wird der Durchfall nicht sein. Das ist zu lange her.

166g Artischocken a 1,83 Euro
176g Oliven mit Mandeln a 2,46 Euro
56g Peperoni a 0,62 Euro

waren das. Hab gekauft ohne nachzudenken.
Nur an der Kreuzung, als die Fußgängerin neben mir fast von einer Radfahrerin mit Anhänger niedergemäht wurde, war ich kurz wach.
Inzwischen ist der Sagrotan-Dunst verflogen und das Geld wieder trocken. Noch liegt es auf dem Holztisch, den uns Christian 1986 geschenkt hatte und der inzwischen eine Blessur bekommen hatte, weil ich nur mit Aludecke auf dem Furnier gebügelt hatte. Seitdem wellt es sich an der Stelle. Den Tisch zu Jochen Flade zu schleppen, habe ich mir bislang verkniffen. Als ich mir nebenan neue Griffe für meine Töpfe leistete, hatte ich noch in Hosterwitz gewohnt. Dass die Petition abgelehnt wurde, hatte ich ja schon geschrieben.
Hab mich so auf Ivos ersten Geburtstag gefreut: Ivo im Sandkasten und wir daneben beim Boccia und beim Federballspiel im Herrmann-Seidel-Park, dazu Walther-Orangensaft.

Und dann kam alles anders: Karin erzählt von Schneider + Partner, ich erinnere mich an Angelika Perret, stelle mir vor, ich begegne ihr zur Typisierungsaktion und bekomme einen derartigen Durchfall, dass ich mich kaum in die Straßenbahn traue, um heimzufahren. Vielleicht waren der Gemüsesalat oder die Mango heute früh auch nicht ok oder das Mineralwasser, das schon den dritten Tag außerhalb des Kühlschranks offenstand. Das Kaugummi-Sorbit kann es es nicht gewesen sein. Sonst habe ich um die Tageszeit bestimmt schon fünf Kaugummis mehr verbraucht. Auffällig war jedenfalls, dass mir die Händlerin heute beim Zahlen nicht ins Gesicht schaute. Ich werde das Wechselgeld desinfizieren, auch wenn das neurotisch ist. Vier Tabletten Loperamid in anderthalb Stunden sind jedenfalls einsamer Rekord.

Danach war ich immerhin so entspannt, dass ich sogar zu Meggie gehen konnte, um nach meiner Tasche zu fragen, obwohl sie mich nicht angerufen hatte. Die Tasche war auch tatsächlich da, allerdings halbfertig. Der Schuster hatte das Futter für die Reißverschlusstasche vergessen und verlangte jetzt plötzlich 60 statt der zwischen seinem Chef und mir vor Wochen telefonisch vereinbarten 30 Euro für die vollständige Leistung. Meggie selbst und der Schuster-Chef waren im Urlaub, so dass das 60-Euro-Telefonat zwischen Meggies Mitarbeiterin und dem Schusterangestellten ablief. Ich habe die 30 Euro bezahlt und die Tasche zurückgegeben. Am Montag ist Meggie wieder da. Ich bin gespannt. 60 Euro für eine 20 Jahre alte Tasche ist vielleicht doch etwas zu teuer. 40 Euro Maximum hatte ich mit Meggie abgesprochen, bevor mich der Schuster anrief. 25 Prozent über dem Kostenvoranschlag zu verlangen, wäre noch legitim, aber 60 Euro sind sittenwidrig. Das ist ja 100 Prozent drüber. Außerdem ist eine der Nähte schlampig ausgeführt.

Bevor ich den Reißverschluss öffnete, war ich glücklich. Ich hatte mich schon im Schuhhaus nebenan nach Tapiröl fragen sehen, um die Ledertasche einzureiben.

2004 stand ich im gleichen Haus schon mal auf dem Dachbalkon überm Goldschmied und habe überlegt, ob ich einziehe.

Dann hätte ich vielleicht sogar am 23. Juni nachts um Drei gesehen, wer den Mr. Bien angezündet hat. Oder ich hätte fest geschlafen und wäre erst durch die Feuerwehr munter geworden. Hab den Geschäftsführer gefragt, ob er das Haus mit viel Glas, Spiegeln und Licht wieder aufbaut.

Aber der hat jetzt erst mal in der Centrumgalerie mit dem Umbau zu tun. Außerdem seien die polizeilichen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Inzwischen arbeitet hier scheinbar eine Abrissfirma.

In der Trompeterstraße sei ein Chinese ausgezogen, sagt Karin. In dem leeren Laden neben dem Treppenaufgang zum Centrumgalerie-Management findet während der Einschreibung zum Nachtlauf die nächste Typisierung statt. Das müsste also zwischen "Olymp & Hades" und "KFS" sein. Ein Drittel der Geschäfte stehen leer.

Sepp Melkus mit Mikro neben Alexander Natusch. Das war zu meinem Geburtstag. Kurz danach habe ich Sepp interviewt, musste allerdings gleich heim Möhrenkuchen backen und hatte die Zutaten dafür noch nicht gekauft. Auf einem der Fotos ist sogar noch der Disy-Shop zu ahnen, in dem das Interview dann stattfand.