Freitag, 10. August 2012

Heute hielt ein Baufahrzeug vor der Knochenmarkspende. An sich nicht verwunderlich, zumal wir eine Baustelle vor dem Haus haben. Aber das Fahrzeug hatte einen Kranaufsatz. Ich musste sofort wieder an die Katakomben denken, die möglicherweise unter der Straße sind und die unter dem Kran einstürzen könnten, wobei mich der Kran womöglich noch erschlägt oder zumindest das Haus zerstört. "Mross" stand auf dem Kran. Also rief ich Mross an. Der Disponent dort ging ans Telefon und räumte sofort ein, dass er keine Ahnung hat, wie der Untergrund auf der Baustelle beschaffen ist und dass der Bauleiter dafür zuständig sei, während er selbst den Kran lediglich vermiete. Auf meine Frage, wer den Bau leite, sagte er, das sei die Stadt. Also rief ich im Rathaus an. Knoche (488 1780), der für die Baustelle zuständig ist, kommt am Montag wieder. Ich rief wieder bei Mross an und hatte diesmal mehr Glück. Diesmal war der dran, der für das operative Geschäft zuständig ist. Der sagte, ich soll direkt auf die Baustelle gehen und die Bauarbeiter nach den Katakomben fragen. OK, nach dem Hinweis traute ich mich dort auftauchen, ohne mich gleich als Querulant zu fühlen.



Bereits an der Kreuzung neben der Knochenmarkspende bekam ich tatsächlich schon eine brauchbare Information: Die Arbeiten erfolgten im Auftrag der DREWAG. Bei den Erdarbeiten sei tatsächlich in Höhe des Tatzberges ein Klinker-Tunnel zutage gekommen. Er führte Heizungsrohre, wurde eingerissen und verfüllt. Die Position des Tunnels versuchte ich von der Fiedlerstraße aus im Bild festzuhalten. An der Stelle befinde sich der andere Kran, hatte mir der Bauarbeiter wenige Minuten zuvor gesagt und war mit übergeschulterten Rohren gen Tatzberg losgezogen. Ihn auf dem Baustellengelände zu begleiten habe ich mir als Privatperson nicht getraut. Auf dem Foto ist in der Ferne das Krahn-Orange zumindest zu ahnen.


Als ich von meinen für meine Verhältnisse äußerst mutigen Vorort-Erkundungen reinkam, rief ich wieder bei Mross an und sagte dem Disponenten, dass ihr Kran neben dem Tunnel steht. Das beeindruckte ihn wenig. Das müsse der Bauleiter abschätzen, war seine Antwort, worauf ich ihm ein angenehmes Wochenende wünschte und auflegte.


Mein nächste Anruf war dementsprechend vorn in Höhe des anderen Krans bei Micha Alvers, der sein Unternehmen am Tatzberg hat und künftig durch die 50.000 Autos schlechter in die Uniklinik kommt. Aber der Gedanke, durch einen Heizungstunnel die Straße zu queren, durch den vorzeiten wahrscheinlich Leichen zum benachbarten Friedhof gekarrt wurden, erschien ihm nicht sehr verlockend. "Ich muss nicht in die Uniklinik", sagte er. Etwas enttäuscht schob ich nach, dass am Brückenkopf in der Straßenmitte Bäume gepflanzt werden und ob er es gut fände, wenn in Tatzberg-Höhe eine Allee angelegt würde, um den Geräuschpegel zu senken. Das sei ihm auch egal, solange es nicht mal einen Radweg gebe. Im Innenhof des Biotechnologiezentrums, in den seine Fenster münden, würden eher die Hubschrauber beim Starten und Landen stören. Ob er etwas für mich tun könne, fragte er dann. Ja, natürlich: Ich will den Bauzaun gegenüber rund um den Wald weghaben. Aber auch das ist ihm egal. Bäume hat er daheim genug. Immerhin will er offensichtlich mit Rad auf Arbeit fahren, obwohl der Wachwitzer Berg steil ist. Einen Kommentar dazu habe ich mir verkniffen.

Mein Plan für die nächsten Tage: Ich will Liegestütze machen. Dann schmeißt es mich vielleicht irgendwann nicht mehr am ganzen Körper, wenn ich zittere. Im Moment schlottere ich noch schnell. Vielleicht kann ich dann auch wieder ein Lenkrad sicher halten ohne zu schlingern, wenn ich unter Stress stehe, weil es eng wird.
Und ich dachte, der Silbersee ist der Stausee in der Dresdner Heide.

Bin immer noch durch den Wind und reif für die Dusche. Alles bringt mich so schnell aus der Ruhe, auch Ninas Anruf, in dem sie mir knapp mitteilt, dass ich damit leben muss, nicht zu wissen, wie es ihr geht, und dass ich annehmen soll, dass es ihr dann gut gehe. Sie fehlt mir so. Ich sei ihr in Indien zu nah gewesen. Deshalb habe sie dort schlecht Fuß fassen können. Die Anrufe seien stundenlang gewesen. Mir erschienen sie viel zu kurz. Liebe ist schon kompliziert. Mich lässt sie anderen schnell lästig werden. Duschen, Zähne putzen und dann gibt es Mango, Brombeeren und Jogurth. Das Sambal Oelek lasse ich heute früh vorsichtshalber weg. An Joggen habe ich zumindest gedacht. Am Wochenende.

Dann tippe ich auch Anjas Interview ab. Das geht allerdings am besten, wenn es wie ein YouTube-Video formatiert ist, so dass ich stoppen und Sekunden zurückspulen kann.

Ich bin so froh, dass der Po-Text schon fertig ist.

Bleiben die Promi-Events, zu denen ich noch gar keine Idee habe, und die Dresdner Partys. Google findet da auch nix. Muss ich in die Vorschau des letzten Heftes schauen, irgendwo im Zeitschriftenregal, am besten nebenan im Konsum.
Anja will einen Artikel zum Po. Er scheint schon fertig zu sein. Marwan Nuwayhid hat mir angeboten, dass ich für ihn schreiben darf. Bin aufgeregt. Total aufgeregt. Dazu will er sogar nach Dresden kommen. Schade, dass der Groke so weit weg ist. Sein Lachen während der Arbeit hören zu können, wäre schon toll. Aber eine Arbeit ohne Auto ist mir wichtiger. Ich finden nicht mal mehr die SWR3Stellenanzeige. Wer weiß, wofür das gut ist. Es ist vielleicht ein Zeichen dafür, dass ich die Stelle überhaupt nicht antreten will und mich gegen eine Ortsveränderung mit so vagem Ausgang sträube. Ich weiß noch wie heute, wie ich dort in einer Schmerzklinik stand und mir der Chef sagte: "Sozialhilfe können Sie auch daheim beantragen." Es ist Wahnsinn, hier weg zu wollen. Hier habe ich wenigstens ein Netzwerk. Aber vielleicht interessieren sich Tim oder Franz für ein Praktikum in der Pampa.
Raum, hab erst an Flucht gedacht.

Beharrlichkeit im Verkauf, grusel. Und das, wo ich mich so schnell als störend erlebe. Außerdem bedeutet das Autobahn. Da habe ich schon Schiss, wenn ich daheim auf der Couch Verkehrsmeldungen höre, erst recht, wenn ich das "Lenkspiel" in meinen Ellbogen erlebe, sobald ich aufgeregt bin. Dagegen fährt jeder Trabi spurgenau. Gibt es eigentlich einen zentralen Tremor oder ist das dann schon Epilepsie? Nein, Außendienst geht genausowenig wie Typisierungsaktionen außerhalb von Dresden. Nix Autobahn. Nicht mal als Beifahrer, da sterbe ich tausend Tode. Ich bin auch noch nie Achterbahn gefahren. Eher steige ich in ein Flugzeug, wenn man von meiner Permanent-Panik im Terminal absieht. Ich bräuchte einen Navigator, der mir immer sämtliche Freiheitsgrade signalisiert, um nicht ständig am Klo vor dem Gate hängenzubleiben, aus Sorge, im Flieger Schlange stehen zu müssen. Nein, Außendienst ist nix für mich. Puh, als Land- oder Notarzt müsste ich auch Auto fahren. Aber das ist sowieso noch lange hin. Erst mal das nächste Gutachten abwarten.

Catrin hat sich gemeldet. Am liebsten hätte ich sie gefragt, ob sie in den letzten Jahren wieder mal ihr Haus verlassen hat. Ihr Verleger behauptete, sie würde nie rausgehen. Dabei scheint sie zumindest zum Friseur zu gehen, wenn ich ihre Fotos sehe.

Das Lenkspiel ist schon beunruhigend, grad auf der Überholspur. Vielleicht lag es auch an meinem AX Diesel. Vielleicht mache ich mit Andreas ein paar Fahrstunden, versprochen hatte ich es Karin. Aber als ich ihr angeboten hatte, beim Nachtlauf mitzumachen, hat sie abgelehnt. So dringend scheint es also nicht zu sein. Wenn man es genau nimmt, ist auch Straßenbahnfahren nichts für mich. Die vier Loperamid vom Dienstag machen mir heute noch zu schaffen, nur für zwanzig Minuten Straßenbahn. Es ist alles so kompliziert. Am sichersten fühle ich mich auf der Couch und selbst da habe ich im vierten Stock manchmal Höhenangst. Eigentlich bin ich ganz froh, dass Nina und Tim noch keine Fahrerlaubnis haben. 50.000 Autos fahren demnächst zwischen Knochenmarkspende und besagtem Flurstück. Die Zeit rast. Vielleicht kann man als Landarzt auch ohne Hausbesuche arbeiten. Telemedizin oder so. Allerdings fühle ich mich schon schwerstkrank, sobald ich medizinjournalistisch arbeite, bleiern schwer bei Auslassungen zum Eisenmangel und von Kopfschmerzen gepeinigt beim Schreiben über Migräne. Es ist alles so ausweglos. Arzt zu sein ist nix für mich, Außendienst auch nicht. Urlaub, Reisejournalismus im Zehn-Kilometer-Umkreis vielleicht. Das geht sogar mit Rad. Und mit Abstand am angenehmsten sind Telefoninterviews von der heimischen Couch aus. Überschaubar und knapp, wenn man von dem Telefonat mit Nina Hagen absieht, bei dem mir erst nach 50 Minuten auffiel, dass ich das alles abtippen muss, zumal es um mein Lieblingsthema ging: Wie erreiche ich UW Groke. Ninas Lösung war allerdings denkbar blöd: Ich soll beten, im Gebet sei alles möglich. Letzte Woche hat sie sich gemeldet, zwar nur mit einem Like, aber immerhin. Wenn es nur von mir abhängen würde und finanziell alles machbar wäre, würde ich wieder am Waldrand in der Jugendstilvilla wohnen, in der ich zwanzig Jahre verbracht habe, in der zweiten Reihe zum öffentlichen Weg, fern von jedem zufälligen Klingeln an der Tür, mit einem Riesengarten und ewiger Sonne. Eigentlich war das eine glückliche Zeit. Für Nina und Tim war das zu einsam. Aber die Beiden sehe ich auch so kaum. Nein, der Lärm auf meinem jetzigen Hinterhof ist schon gut, auch das Hallo im Konsum. Vielleicht setze ich mich irgendwann mit Sebastian, meinem Nachbarn, zu einem Glas Tee zusammen und ratsche über einen Partner für den Schrebergarten. Ein bisschen Wildnis täte mir gut. Es müssen ja nicht gleich Birken sein.

Donnerstag, 9. August 2012

Hab 178 Gramm Sülze bei Rainer Richter gekauft. Die war schon portioniert, wie für mich gemacht. Je mehr ich kaufe, umso mehr esse ich. Je mehr ich esse, umso unzufriedener werde ich. Je unzufriedener ich werde, umso mehr esse ich. Sülze macht süchtig. Ich habe sogar die Telefonnummer auf der Rechnung. Immerhin machen sie ab 14. August Urlaub. Ich brauche also gar nicht bewusst dran vorbeizugehen, denn es ist sowieso zu. Sülze ist schon was Tolles. Daneben sind die beiden Vietnamesen, bei denen ich mein Obst und Gemüse kaufe, wenn ich aus der Bahn steige. "Man könnte auch sagen Zucchini", sagt Matuschke grad. Komisch. Ich hatte dort heute Zucchini gekauft. Zucchini, Melone, Mango und Brombeeren. Morgen früh feiere ich das beginnende Wochenende. Vielleicht sogar mit Sambal Oelek.
Hochsommer. Allmählich lässt die Hitze nach.



Hab Christiane von Ben erzählt. Karin ulkte gleich: "Ist das niemand für Sie?" Morgen tausche ich auf Arbeit die Groke- gegen die Ben-Tasse aus. Vielleicht mag Christiane Ben wirklich, wenn sie sein Foto und die SMS sieht. Und ich habe die Groke-Tasse dann wieder daheim und konzentriere mich auf Arbeit besser.
Die 3-in-1-Allwetterjacke ist in zwei Größen zu mir unterwegs.

Mittwoch, 8. August 2012

Such a sweet September!
Yuhuu, Nina geht es gut. Hab sie heute gesprochen.
Da wollte ich 1988 hin. Deshalb hatte ich mich damals beworben, landete aber im OP. Dumm gelaufen. Holger Thomsen war damals anästhesiologischer Oberarzt auf der Wachstation und betreute meine Diplomarbeit, Diettrich der von chirurgischer Seite.
Sebastian scheint es nach Norden zu ziehen.
Selbstversuch: Ich mute meinem gepeinigten Leib Roggenbrot vom Blasewitzer Wochenmarkt und Mcneps Meersalzbutter zu. Artischocken, Oliven und Peperoni wären jetzt nett. Hab aber nur noch eine Handynummer (01778058064) auf der Rechnung und keinen Link, um zu sehen, ob "Oliven & Delikatessen Käsespezialitäten I. Muster" morgen wieder auf dem Wochenmarkt sein wird. "07-08-2012 14:28 Gerät 01" steht auf der Quittung.
Aber davon wird der Durchfall nicht sein. Das ist zu lange her.

166g Artischocken a 1,83 Euro
176g Oliven mit Mandeln a 2,46 Euro
56g Peperoni a 0,62 Euro

waren das. Hab gekauft ohne nachzudenken.
Nur an der Kreuzung, als die Fußgängerin neben mir fast von einer Radfahrerin mit Anhänger niedergemäht wurde, war ich kurz wach.
Inzwischen ist der Sagrotan-Dunst verflogen und das Geld wieder trocken. Noch liegt es auf dem Holztisch, den uns Christian 1986 geschenkt hatte und der inzwischen eine Blessur bekommen hatte, weil ich nur mit Aludecke auf dem Furnier gebügelt hatte. Seitdem wellt es sich an der Stelle. Den Tisch zu Jochen Flade zu schleppen, habe ich mir bislang verkniffen. Als ich mir nebenan neue Griffe für meine Töpfe leistete, hatte ich noch in Hosterwitz gewohnt. Dass die Petition abgelehnt wurde, hatte ich ja schon geschrieben.